22.1.07

Für's Auge

Hier einige voneinander völlig unabhängige Fotos.


Berufsbilder der Gegenwart

Wer das Glück hat, in verschiedenen Ländern dieser Erde Copyshops aufzusuchen, erkennt schnell die international festgelegten Gemeinsamkeiten dieser Spezies von Dienstleistungsunternehmen.
Erstens: Der undefinierbare, aber nichtsdestotrotz auf angenehme Art unangenehme Geruch.
Zweitens: Die ständig gegenwärtigen "Kunden" dieser Copyshops, die mancherorts Charlie oder Siggi heißen, anderswo hingegen Bob oder Francois. Diese sind natürlich in Wirklichkeit keine Kunden, sondern kommen nur alle zehn Minuten "mal kurz vorbei", um fünf Tassen Kaffee zu trinken, dem Inhaber sachdienliche Hinweise über das ordnungsgemäße Betreiben eines Copyshops zu geben und kostenlos Flyer fürs nächste Oldtimertreffen zu kopieren. Gemeinsam ist diesen Imbisstisch-affinen Herren ein Hang zu sportiven Lederjacken und mutigen Schnurrbärten. Gern wird auch das Haupthaar strengstens nach hinten gekämmt. Im Falle von plötzlich auftauchender weiblicher Kundschaft verwandeln sie sich blitzschnell in einen Copyshop-Betreiber, und erklären auch unaufgefordert, wie alles funktioniert.
Drittens: Die Kompetenz der Copyshop-Mitarbeiter. Aus dem Regelwerk der internationalen Innung für Copyshops:
"Es dürfen bei Angestellten in und um Copyshops folgende Kompetenzen nicht oder nur mangelhaft nachgewiesen sein:
- Umgang mit USB-Speichergeräten
- beidseitiges Kopieren
- Umgang mit Fehlermeldungen jeglicher Art.
- Verhalten beim Aufleuchten roter Lämpchen
Sollte eine Fehlermeldung erscheinen oder ein rotes Lämpchen aufleuchten, so hat der Angestellte eines Copyshops umgehend in eine Schockstarre zu verfallen und aus dieser minutenlang nicht zu erwachen. Sodann ist telefonisch eine Außenstelle zu Rate zu ziehen, die das Problem fernmündlich zu lösen und durch ein neues zu ersetzen hat."
Es wäre nicht richtig, aus diesen Ausführungen zu schließen, ich suchte nicht gern einen Copyshop auf. Bestimmt werde ich selbst mal einen eröffnen.

11.1.07

Für Interessierte

Was so nicht im Reiseführer steht (Teil 1):

- Angeblich soll der deutsche Philospoh Friedrich Nietzsche seinerzeit einen Bergweg nahe der Stadt Nizza hinaufgestiegen sein. Dabei sei ihm das Schlusskapitel seines Monumentalwerks "Also sprach Zarathustra" eingefallen. Auch der Salzhofener Bierkönig Tobias Satzger "wandelte" im Rahmen eines Vatertagsausflugs dereinst auf diesen Spuren. Eingefallen ist ihm aber herzlich wenig.

- Wer werktags von ca. 8 bis 22 Uhr einen öffentlichen Kiosk aufsucht, kann Zeuge eines soziologischen Phänomens sein: Arabischstämmige Männer mittleren Alters gehen ihrem Tagewerk nach indem sie sich den ganzen Tag über in merkürdigen Dialekten anbrüllen. Manchmal hört es sich an, als erzählten sie Witze und vergäßen jedesmal die Pointe.

- Schnee gibt es in Nizza nur selten. Aber wenn, dann auch nur ein ganz kleines bißchen.

2.1.07

2007

Schnee, ein halber Meter. Bis Ende Februar. Soviel Schnee, bis jeder genug hat. Ab März schmilzt so langsam alles weg. Die Blumen kommen. Die Sonne ist jeden Tag stärker. Palmkätzchen an Ostern. Maiglöckchen. Badeseewetter von Anfang Juni bis Ende September. Temperaturen zwischen 28 und 32 Grad (im Schatten). Aber niemals zu heiß. Im Oktober fallen die Blätter. Noch ein paar schöne Tage. Nebliger November, der erste Schnee. Kalter Dezember. Aber niemals kälter als minus 3 Grad. Schnee, aber ruhige Straßenverhältnisse. Keine Naturkatastrophen. Regen, wenn es sein muss. Ungefähr alle sieben Tage mal. Aber nur, wenn grade keiner eine Grillparty oder ein Open-Air-Konzert veranstalten will.
Der Konjunkturmotor läuft im März so richtig an. Bald gibt er Vollgas. Das Konsumverhalten der Bevölkerung ist intelligent und dem Angebot angemessen. Gekauft werden aber nur noch Dinge, deren Gebrauch sich mit dem Kategorischen Imperativ verträgt. Sämtliche Anbieter nerviger Handy-Klingeltöne, unvernünftig schneller Autos und nicht recyclefähiger Massenvernichtungswaffen melden Insolvenz an.
Die große Nachfrage nach fundierter Beratung und individueller Einkaufsatmosphäre stärkt den Einzelhandel. Tante-Emma-Läden schießen aus dem Boden wie mittelständische Handwerksbetriebe und Produktionsstätten der verschiedensten Exportartikel mit dem allseits anerkannten Gütesiegel „made in europe“. Ab April herrscht daher auch im Osten Vollbeschäftigung.
Die Demographen korrigieren ihre Prognosen und kündigen extrem geburtenstarke Jahrgänge an. Ganztagsgesamtschulen für Kinder jeglichen sozialen Hintergrunds, Intellekts und sogar Geschlechts werden konzipiert. In Modellversuchen zeigt sich: Auch Kinder mit Migrationshintergrund lernen hier spielend die Sprache jedes beliebigen Bundeslandes (Probleme nur in Baden-Württemberg und Sachsen). „Gewalt auf dem Schulhof“ wird zum beliebten Referatsthema im Fach Geschichte.
Die große Koalition veranstaltet im Mai einen großen Sitzkreis, jeder sagt, was ihn an sich selbst am meisten stört. Die daraufhin entstehenden Reformen sind für Rot, Schwarz, Grün, und Gelb nachvollziehbar (Lila hat sich mit Rot vertragen), umfassend und einzelfallgerecht. Potentielle Patienten bekommen schon vor einer etwaigen Krankheit kostenlos präventive Medikamente frei Haus geliefert, alle Ärzte werden zu Fitness-Ratgebern. Die Debatte um eine progressive oder lineare Einkommensbesteuerung erübrigt sich, da ohnehin alle das Gleiche verdienen (3341 netto plus Glücklich-Verheiratet-und-drei-Kinder-Zuschlag). Gewerkschaften und Arbeitgeber, siebzigjährige Frührentner und Berufseinsteiger, ehemalige Großkonzernlobbyisten (seit dem Lobbyismus-Verbot als Biobauern tätig) und Globalisierungsgegner, Feministinnen und Zuhälter, Ex-Kriminelle und katholische Pfarrerinnen trällern sich im Juli wochenlang den überraschend intelligenten Sommerhit „Anything that can go wrong will work out fine“ um die Ohren. Letzterer kann umsonst im Internet heruntergeladen werden.
Die Bundeskanzlerin hat die EU-Ratspräsidentschaft genutzt, um eine europäische Verfassung auf den Weg zu bringen, die Anfang September in Kraft tritt. Sie beinhaltet nicht nur ein Verbot von Paragraphendschungeln, Bürokratieflut und globalwirtschaftlich unfairen Subventionen, sondern auch den Beitritt der Türkei, Russlands und Afrikas zu einer „Europäischen und Extraeuropäischen Supergemeinschaft“. Die Einführung einer gemeinsamen Währung, die alles billiger macht, stabilisiert in Togo, Somalia und der Elfenbeinküste die politische Lage. Russland wird demokratisch. Die Türkei schenkt dem befreundeten Griechenland die Insel Zypern.
Beeindruckt von diesem Erfolg beantragen auch alle übrigen Nationen die Aufnahme in den Staatenclub. Bis Ende September ist die ganze Welt mit Ausnahme der USA beigetreten. Diese werden am 2. Oktober Mitglied, nachdem ihr Präsident überraschend an Altersschwäche verstorben ist. Nun kann gezielt verhandelt werden: Ein neues Kyoto-Protokoll sorgt innerhalb eines Monats für die lückenlose Schließung aller Ozonlöcher. Das Weltklima stabilisiert sich. Ausgerottet geglaubte Tierarten tauchen aus verborgenen Refugien wieder auf.
Nach Abrüstungskonferenzen werden sämtliche verfügbaren Waffen auf den Mond geschossen (dieser „Flug“ wird freiwillig von David Hasselhoff begleitet, der nach eigener Aussage den „Planeten“ mit einem Überraschungshit „erobern“ will). Die UNO trifft sich noch jeden zweiten Montag zum Nostalgieabend.
Anfang Dezember sind die Wirtschaftssysteme weltweit perfekt aneinander angepasst. Die Börsen schließen, da die Kurse weder sinken noch steigen. Alles kostet weltweit 10 „Weltweitmark“. Es ist von allem genug da, es wird nichts weggeworfen, jeder macht, was er am besten kann.
Weihnachten wird zum Fest der Liebe und der Familie, nicht aber des Konsums. Die Familienfeiern zwischen den Jahren werden maßvoll und gesundheitsbewusst abgehalten.

31.12.2007, 23.55: Kurz vor dem großen Sylvesterfeuerwerk, das weltweit (nach Harmonisierung der Zeitzonen) um 0 Uhr Weltzeit an 33.213 Orten auf der Erde gezündet werden soll, erreicht die Bevölkerung des Planeten eine leidvolle Nachricht:
Das neue Album der Flippers erscheint erst im September 2008.