28.11.06

Gott sei Dank

Gestern, es muß etwa gegen 17.20 gewesen sein, wäre ich beinahe ins Grübeln geraten. Ich hatte mir gerade einige gute Gedanken zurechtgelegt, dafür auch Ordnung im Oberstübchen gemacht. Diese Gedanken, für den Anfang etwas leichtere, Wer bin ich- Wo gehe ich hin und so weiter, wollte ich so ein bißchen hin und her schieben, damit spielen, einiges verwerfen, anderes dabei herausfinden. Später freilich wollte ich zu Größerem hinüberwechseln, zu tragenden Problemen der Gesellschaft, Fragen des Miteinander, des Gegeneinander, des Füreinander, des Nebeneinander der Menschen, überhaupt allen Lebens, um mich dann schließlich und endlich der alles entscheidenden Sinnfrage zuzuwenden. Ich plante bereits Bücher, ja, Monumentalwerke, in denen fundamentalste Grundsätze über Bord geworfen, die abend- und morgenländische Philosophie mit wenigen Handstrichen neu erfunden, Prinzipien elegant mit Füßen getreten und meine Gleichnisse vom Streichelzoo und dem Kaninchen quasi auf alle Daseinsbereiche angewandt würden. Am Ende stünde das, worauf man alle Naturgesetze, Religionen und Weltbilder würde zurückführen können....
Dann aber kam mir plötzlich der tolle Witz von den zwei betrunkenen Mopedfahrern in den Sinn, den mein heiterer Mitbewohner am Vortag aus der Hosentasche gezaubert hatte. Kalauer, Zoten und allerlei Zweideutigkeiten erfüllten wie ein Sturzbach meine so mühsam geläuterten grauen Zellen. Satz mit X...

26.11.06

Aufgefallen

Die einschlägigen Fankampagnen der Fussballverbände zeigen endlich Wirkung: Politisch strengstens korrekte Fahnen-jetzt auch in französischen Stadien!

22.11.06

Neues von oben drüber

Um alle neuen Mitbewohner gebührend zu begrüßen, wurde kürzlich eine zweite Willkommensparty in den heiligen Hallen der Nummer 75, Boulevard Francois Grosso oben im 3. Stock abgehalten. Eingeladen waren irgendwie alle, es kam aber gottseidank nur die Hälfte. Es war auch so eng genug. Als erstes gabs Couscous mit Gemüse, anschließend wurden zahlreiche Weine getrunken. Für das akkustisch-kulturelle Wohl sorgten umsichtig zwei Franzosen, die schöne Jazz Manouche-Stücke spielten. Um das Ensemble sinnvoll zu ergänzen, holte dann nach einem zweifelhaften Geistesblitz ein Spanier seine Melodika mit einem Schlauch zum reinpusten. Das passte hervorragend dazu, und bald zollte auch ein Anrainer wohlverdienten Applaus, der jedoch wegen der harschen Worte aus seinem Munde nicht als solcher zu erkennen war. Es wurden dann wohl oder übel auch noch verschiedene Küchenutensilien zu Rhythmusinstrumenten umfunktioniert. Und es wurde gesungen. Gottseidank dachte keiner mehr daran, dass auf der Dachterrasse auch ein vortrefflich verstimmtes Klavier stand. Es war trotzdem irgendwie recht schöne Musik. Man hatte bis sechs Uhr früh das ganze Haus bestimmt sehr glücklich gemacht.
Nicht unerwähnt bleiben soll auch das große Tintenfischessen, welches unlängst dort stattfand.

17.11.06

Le Beaujolais nouveau est arrivé!

Dass am dritten Freitag des Monats November viele Franzosen (vor allem aber viele Erasmusstudenten in Frankreich) so einen ganz klein bißchen schwummrigen Schädel haben, liegt maßgeblich am dritten Donnerstag im November: Dann nämlich ist er da, der frische, vollmundige, kräftig-rote Beaujolais nouveau! Die Weinhändler und die Lokale haben Hochkonjuntur, bei der épicerie um die Ecke kann man kostenlos probieren und Menschen wälzen sich durch die Straßen, deren Gesichter längst die Farbe des Weins angenommen haben.
Das Besondere: Der Beaujolais ist bereits im Jahr seiner Herstellung im Handel, nämlich landesweit eben an jenem besagten Donnerstag. Der ganze Spaß war wohl einst eine Marketingstrategie der Winzer, mittlerweile ist ein weltweiter Kult um diesen frischen Wein entstanden. Durch ein besonderes Verfahren wird der Gärprozess beschleunigt, und der "Primeur", wie er auch gern von guten Freunden genannt wird, überzeugt durch frische Fruchtigkeit, ein exzeptionelles Bouquet und ein kräftiges Granatapfelrot.
Die ausgiebige Probe aufs Exempel zeigt dann auch die volle Qualität: Zimtig im Aufguss, leichter Anflug von Erbsensuppe mit Kiwi, Dachpappe, alte Sportschuhe und verfaulte Äpfel. Gratis mit dabei: Absingen unverschämter Lieder, Loch im Geldbeutel, Fahrradfahren unter erschwerten Bedingungen.
Ein guter Jahrgang!

16.11.06

Die "Internationale" - Reloaded

Als Teil eines fröhlichen Haufens, der gestern um ca. 3 Uhr des Nachts den wohlverdienten Heimweg aus der Altstadt angetreten hat, stellte ich mir unvermittelt die Frage: Hätte sich der Erbauer der Promenade des Anglais von Nizza im Jahre 1824 träumen lassen, dass dereinst Italiener, Franzosen, Engländer UND Deutsche in größter Eintracht und mit nur geringen Vorurteilen gegeneinander darüber hinwegflanieren würden?
Auf der anderen Seite kommen mir dabei aber kulturelle Bedenken: Die feuchtfreudigen Gesänge dieser verschiedenen Kulturen verbinden sich zu einem gänzlich ungesunden Gemisch aus Adriano Celentano, Edith Piaf, den Beatles und Nena. So weit muss Völkerverständigung dann doch nicht reichen.

13.11.06

Anglerlatein

Was treiben zwei quirlige Gesellen samstags um halb sieben in der Früh am Strand? Da fallen ordentliche Erasmus-Studenten ja eigentlich gerade erst ins Bett! Aber, wie sagt ein altes Sprichwort? Früher Vogel erspart den Zacken aus der Krone, da kommen auch unsere beiden Freunde nicht drumrum. Sie haben sich ja aus zweierlei völlig redlichen Motiven auf den Weg gemacht: Dem Beobachten des Sonnenaufgangs und außerdem der Nahrungsbeschaffung. Ersteres ist schnell erledigt, nach zehn Minuten, in denen man ja auch noch hätte liegenbleiben können, ist es schon hell, schön wars.
Nun das eigentliche Vergnügen: Der aufmerksame Leser hat es längst erraten, es ist Mitte November, die Saison der Tintenfische ("pulpes") hat begonnen. Und wer genug Unfug im Kopf hat, der besorgt sich schnell die notwendigen Utensilien, um sich keinen guten Fang entgehen zu lassen. Eine fünfzig Meter lange Schnur wie ein Lasso über den Kopf schwingen, raus ins Meer damit, und dann langsam reinholen...eine Tätigkeit von fast meditativer Stupidität, bestens geeignet, um die Morgenstunden totzuschlagen, die man sonst ja auch nur im wohlverdienten Halbschlaf zugebracht hätte.
Und weil sich schon nach kurzer Zeit- es geht auf den Mittag zu- der gewünschte Erfolg fast eingestellt hat, wird beschlossen, das Kapitel zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen. Der knapp bemessene Fang- es gibt eben noch so richtig dumme Fische- wird nach allen Regeln der Kochkunst irgendwie frei Schnauze zubereitet und schmeckt auch so. Ganz gut. Und die Saison fängt grade erst an...



(Natürlich wird hier der Fang nicht gezeigt. Meine Kamera war nicht groß genug.)

8.11.06

Sind Sie auch für Fremdsprachen?

- Ein zufällig Dabeisitzender hat mir kürzlich ein großes Geheimnis offenbart: Die französische Sprache eignet sich kaum für Gespräche bei lauter Musik und in höchst angetrunkenem Zustand. Muß man wissen.

- Das Kalmückische ist meine Lieblingssprache: Die allseits bekannte Redwendung "snjepr-lin" kann, je nach Betonung und Stimmlage, entweder "Rasierapparat", "Hans Dampf in allen Gassen", oder "Gallia omnis est divisa in partes tres" bedeuten.

- Was Pablo und Jaime erzählen, kommt mir allzu oft Spanisch vor. Aber kurze Zeit später muss ich dann heim.

- Witze immer wörtlich in andere Sprachen übersetzen (hier aus dem Spanischen): "Welches Tier ist zwei Tiere gleichzeitig?" - "Die Katze- sie ist eine Katze und kratzt!" - "Wie meine Schwester: die ist eine Hündin und kassiert!"

- Unbekannte haben auf unserem Dach ein Graffiti hinterlassen. Keiner kann es entziffern.

6.11.06

Touristen- Tips # 1

Nizza, die Hauptstadt der Côte d'Azur ist das ganze Jahr über eine Reise wert- nicht nur Anfang November, wenn es zwischendurch mal regnet und insgesamt etwas kühler wird. Die unvergleichliche Strandpromenade, die unverwechselbare Mischung aus französischem und italienischem Flair, der Bahnhof, die Schnellstraße und die Banlieue: Die Stadt hat für jeden Geschmack und jeden noch so großen Geldbeutel etwas zu bieten.
Aber nicht nur die Stadt selbst, auch das Umland lädt zum Entspannen, zur kulturellen Weiterbildung und zu "gepflegten" Herrentouren (mit integrierter "Weinprobe") ein. Egal ob Pauschaltourist oder Prolet: Hier kommt jeder auf seine Kosten. Im Folgenden ein paar Tips und Erläuterungen zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in und um Nizza.

1. Place Jaques Pestalozzi
Zentraler Punkt der malerischen Altstadt. Wie der Name bereits andeutet, halten sich hier Spaghettiromantik und Franzackenflair ganz gut die Waage. Tagsüber gibt es in den umliegenden Restaurants typisches, einheimisches Essen (Kebap, Pommes, Mayonnaise), nachts tummelt sich die Schickeria. Montag Ruhetag.


2. Spielcasino "Rien ne va plus"
Beeindruckende Spielothek im Herzen der Vorstadt: Vor der Tür sind Nobelkarossen und allerlei Prominenz zu bestaunen. Originelles Spielprinzip: Einheimische gewinnen auffallend oft, Touristen zahlen in aller Regel kräftig drauf.


3. Boulevard Tscharles de Bouillion
Diese Prachtstraße führt direkt vom Strand zum städtischen Tierfriedhof. Wer will, trifft hier die Reichen und Schönen (immer Montags, 14.30 an der Ecke, danach gemütliches Beisammensein).


4. Hotel "Bonne nuit"
Grandhotel am Stadtrand (ca. 30 Minuten mit der Buslinie 33, 13, 34 und dann mit der 8 in die City). Einzelzimmer auf Anfrage. Fließend Wasser ist inklusive, Strom gibts werktags beim Pförtner.


5. Kathedrale "Notre Dame de Tous Saints de St. Norbert de la Ste Augustine"
Stadtbasilika im Jugendstil. Ein Teil des gigantischen Gotteshauses wird heute als Gefängnis genutzt, ein anderer beherbergt das Mädcheninternat.


BLOß NICHT!!!!!
In Nizza lauern überall Touristenfallen. Wer nicht aufpasst, ist nicht nur schnell um einige Euro ärmer, sondern muss unter Umständen sogar völlig nutzlose Souvenirs mit nach Hause nehmen. Daher hier die wichtigsten Don'ts an der Côte d'Azur (von Insidern):

Hütchenspieler: Wer teilnehmen will, sollte immer auf das mittlere Hütchen tippen. Rein rechnerisch liegt man meistens richtig (ca. 33 %). Generell gilt: Neues Spiel, neues Glück.

Vorstadtghetto (Banlieue): Nicht hinfahren. Wer dort wohnt: Wegziehen. Sondertip für Kraftfahrer: Brennende PKWs nur noch im Notfall benutzen.

Fahrräder: absperren (siehe Abb.)


Souvenirs: Unterscheiden Sie zwischen viel zu teurem landestypischen Schnickschnack (mitnehmen!) und billigem Kitsch. Gut: Echter Wein (ca. 50 EUR), Käse, Postkarten. Schlecht: Bereits benutzte Ware, Verschimmeltes Essen, Falschgeld.

Mofas: Unbedingt mieten. Die einheimische Straßenverkehrsordnung ist auf dem Tankdeckel abgedruckt.